Meine Empfehlung Charles Dickens schrieb einst:
«Und ich werde an Weihnachten nach Hause kommen. Wir alle tun das oder sollten es tun. Wir alle kommen heim oder sollten heimkommen. Für eine kurze Rast. Je länger, desto besser, um Ruhe aufzunehmen und zu geben.» Eigentlich eine schöne Umschreibung für den einen Sinn der Weihnachtstage: Heimkommen, rasten und ruhen im Kreise der Angehörigen inmitten einer Zeit der Unrast und der Unruhe. Zusammenkommen, herunterfahren und sich besinnen bei Kerzenlicht, schöner Musik, einem gemeinsamen Weihnachtsmahl und bei einem Glas Wein. Für viele an anderen Orten dieser Welt dürfte dies in der jetzigen Zeit ein Wunschtraum sein. Diese Tatsache sollte uns nachdenklich stimmen und uns an den eigentlichen Sinn der Weihnacht denken lassen: Das Fest der Nächstenliebe und der Barmherzigkeit. In diesem Sinne wünsche ich Euch eine gesegnete Weihnacht und einen guten Rutsch ins 2023. Euer Wine Doc Robert „Stümpi“ Graf PS Sollte bei Euch Weihnachten wie oben angedacht stattfinden und Ihr einen Tipp für etwas «Quirliges» zum Anstossen brauchen könnt, dann empfehle ich Euch den Ca’ del Bosco Cuvée Prestige Edizione 45 Franciacorta extra brut DOCG aus der Lombardei. 23. November 2022 in der Galerie Brigitta Leupin in Basel «Wine & Try» - Why? Immer wieder bin ich von Freunden und Bekannten ermuntert worden, meine Wein-Passion, meine Wein-Erlebnisse und letztlich mein Wein-Wissen bei einem Glas Wein in gemütlichem Rahmen weiterzugeben. Das hat mich bewogen, mir diesbezüglich Gedanken zu machen. Ich fragte mich, wie soll ein solcher Abend aussehen, ohne dass es in einer «Wein-Vorlesung» endet oder ohne, dass es in eine der vielen Wein-Degustationen mündet. Denn hinter einer Degustation steht häufig eine Verkaufsabsicht, was meiner Philosophie von «Wine & Try» nicht entspricht. Die Weine, über die wir bei einem «Wine & Try»-Anlass reden, die wir degustieren und anschliessend trinken, werden von den Gästen oder, auf Wunsch der Teilnehmenden im Zusammenhang mit einem vorgegebenen Thema, von mir gewählt, ohne Verpflichtungen einem Anbieter gegenüber und ohne Verkaufsabsichten. Und so kam ich auf die Idee, an schönen Orten oder in schönen Stuben in kleinem Kreis mit Leuten bei Wein und Fingerfood zusammen zu sitzen, Ihnen auf Wunsch die Welt des Weines oder neue Weinregionen näher zu bringen. Oder mit bereits gewieften Weinfreaks an besagten Orten über definierte Weine zu philosophieren und zu disputieren. Der Anlass würde von denjenigen Weinen begleitet, die am Abend Thema sind. Bref: Wir reden über Wein, degustieren und trinken ihn – «Wine & Try» eben! Der Zufall wollte es, dass meine Lebenspartnerin, die ich für meine Idee begeistern konnte, in der Spalenbar in Basel mit Brigitta Leupin, der Inhaberin einer kleinen und feinen Galerie am Münsterberg, ins Gespräch gekommen ist. Sie hat ihr meine «Wine &Try»-Idee erzählt. Brigitta Leupin war sofort Feuer und Flamme und lud uns ein, den ersten «Wine & Try»-Abend in Ihrer Galerie durchzuführen. Der erste «Wine & Try»-Anlass fand kurze Zeit später, am 23. November 2022 in dieser Galerie statt. Insgesamt waren 20 Leute anwesend. Nach dem Begrüssungs-Apéro (natürlich auch ein Piemontesischer Weisswein: Ein Arneis 2019 von Bruno Giacosa) erzählte ich den Gästen Bekanntes und Unbekanntes aus dem Piemont und dessen Rotwein-Ikonen Barolo und Barbaresco. Bei Salame, Formaggio, Pane e Grissini – wie sich das in Italien gehört - taten wir uns an einem Barolo «Bricco Rocca 2017» der Cascina Balarin aus La Morra und an einem Barbaresco «San Stunet» 2917 von Piero Busso aus Neive gütlich – zwei Piemonteser-Rotweine, die vorzüglich zu diesem Abend passten, waren es doch zwei typische Vertreter Ihrer Spezies. Beide Weine waren zwar noch jung, aber nachdem sie zwei Stunden vor der Verkostung geöffnet worden waren, mundeten sie vorzüglich. Das Echo nach diesem ersten «Wine & Try»-Anlass war durchwegs positiv, was mich ermutigt, meine Idee weiterzuverfolgen. Offenbar besteht immer wie mehr ein echtes Bedürfnis, Wein nicht nur zu trinken, sondern über dieses Getränk mehr zu erfahren.
Übrigens: Der nächste «Wine & Try»-Anlass ist bereits in der Pipeline! Sollte sich jemand für so einen Abend interessieren, kann er mich via E-Mail kontaktieren. Euer Wine-Doc Robert «Stümpi» Graf In meinem letzten Blogbeitrag habe ich über berühmte Rotweine des Piemont geschrieben. Wegen der Beliebtheit und weltweiten Bekanntheit dieser edlen Rotweine vergisst man gerne, dass es auch gute, ja sogar sehr gute Weissweine aus dem Piemont gibt. Zum Beispiel der Gavi aus Cortese-Trauben, ein leichter, mineralisch-würziger Weisswein, der seinen Namen der Gemeinde Gavi trägt. Oder der Arneis, der nur in den Regionen Langhe und Roero angebaut wird. Ein eher milder, aromatischer Wein mit wenig Säure. Für Weisswein-Kenner schmeckt dieser Weisswein wie eine Mischung aus Sauvignon blanc und Viognier. Der Arneis wird gerne als Apéritiv- Wein getrunken. Furore hat in den letzten Jahren jedoch eine andere Traube gemacht. Nämlich die Weissweinsorte Timorasso. Im 19.Jahrhundert wurde Timorasso im Gebiet von Novarra bis Tortona häufig angebaut. Mit den Jahren gerieten diese Trauben in Vergessenheit, weil die Bearbeitung des Timorasso sehr anspruchsvoll war und deshalb fruchtbarere, weniger empfindliche Sorten bevorzugt wurden. Ende der 80-Jahre des letzten Jahrhunderts erlebte die Timorasso-Traube eine Renaissance. Im Dorf Monleale in den Colli Tortonesi im südöstlichen Piemont «reanimierte» der damals unbekannte Winzer Walter Massa diese autochthonen Trauben. Was heisst autochthon? Autochthone Rebsorten sind Sorten, die sich in einem bestimmten Gebiet entwickelt haben und dort über lange Zeit kultiviert wurden. Autochthon bedeutet: heimisch, alteingesessen, verwachsen und verwurzelt. I Vigneti Massa So heisst das Weingut der Vorfahren von besagtem Walter Massa, das seit über 100 Jahren im Familienbesitz war. Nach dem Krieg interessierte sich niemand mehr für diesen Rebberg. Es war dem Instinkt und der Passion von Walter Massa zu verdanken, dass er die bis in die 80-iger Jahre dieses Jahrhunderts vergessene autochthone Traubensorte Timorasso wieder zum Leben erweckt und mit Hingabe sorgfältig bearbeitet hat. Der Erfolg liess nicht lange auf sich warten… Sehr schnell machten die Berichte über die neuen, gehaltvollen und langlebigen Timorasso-Weissweine mit ihrem, dank der Lehm/Mergelböden wunderbaren mineralischen Geschmack, weit über die italienische Grenze die Runde. Seit der Jahrtausendwende baut Walter Massa den Timorasso auch in Crus mit den Namen Sterpi, Montecitorio und Costa del Vento aus. Was bedeutet Cru? Cru leitet sich vom französischen «croître» (wachsen) her. Wörtlich übersetzt bedeutet es Gewächs. In Frankreich werden offiziell hochwertig eingestufte Weinberge «Crus» genannt. Auch Italien klassifiziert herausragende Weinberge als «Crus». Wie ich Walter Massa kennenlernte… Ich hatte grosses Glück, Walter Massa vor über 10 Jahren, anlässlich einer unserer Piemont-Reisen mit meinen Freunden in Monleale, besuchen zu dürfen. Er erzählte uns die Geschichte des neu entdeckten Timorasso. Dabei konnten wir beim Degustieren diesen sehr feinen Wein kennenlernen. Anschliessend fuhr Walter Massa mit uns zu seinem Lieblings-Restaurant (siehe Foto und beachte den Namen des Lokals, dieser würde heute wohl falsch verstanden werden…). Aus dem Munde von Walter Massa… «Der Timorasso zeigt komplexe Töne, die sofort an Honig, an reife Früchte erinnern, hinzu kommt die Mineralität, Feuerstein bis hin zu butterigen und balsamischen Noten. Diese Noten erscheinen mit der Reifung, nach 4 bis 5 Jahren». Walter Massa Wie ging es mit Timorasso weiter? Heute gehört der Timorasso zu den besten Weissweinen von Italien, was der Gambero Rosso mit seinen berühmten «tre bicchieri» honoriert hat. Experten betiteln den Timorasso wegen seiner Langlebigkeit auch als «weissen Barolo».
Für alle Timorasso-Weine von Walter Massa gilt: Spontanvergärung im Stahltank. Während 2-3 Tagen bleibt dabei der Wein in Kontakt mit der Schale. Nachher erfolgt der Ausbau im Stahltank oder Zement. Schliesslich reift der Wein noch 6 Monate in der Flasche. Pro Jahr produziert Massa auf 25 Hektaren aktuell 120'000 Flaschen. Mittlerweile produzieren bekannte Winzer wie zum Beispiel Rivetti, Vieti, Marina Coppi (die Enkelin des legendären Radrennfahrers Fausto Coppi) Luigi Boveri oder Verzio in den Colli Tortonesi ebenfalls Timorasso-Weine. Falls Sie noch nie einen Timorasso getrunken haben, kann ich Ihnen nur empfehlen, diesen Wein zu probieren. Ich bin sicher, Sie werden nicht enttäuscht sein. |
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DER AUTOR
Robert «Stümpi» Graf ist orthopädischer Chirurge in Basel. Passionierter Weinliebhaber und Vollblut-Fasnächtler in der Seibi Clique. Altmeister der E. Zunft zu Schuhmachern Basel. Vater von drei Kindern und Lebenspartner von Diana Bevilacqua. Archives
September 2024
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